April 24

5.Woche 28.4.

In diesen Tagen bin ich unterwegs in den Gegensätzen:

tief in den Bergen und anschließend mitten in der Wüste. Habe zwar Internet, aber kein WIFI, sodaß ich mit  meinen GB haushalten muss. Aber ein Gruß von mir: ich lebe noch und darf nach der strapaziösen Bergtour etwas Zeit im Naturschutzgebiet San Fernando verbringen: mitten in der Wüste, die ans Meer grenzt. Ohne jeden Nachbarn und ohne eine Tienda, nur mit Norbert, Pablo, dem Verwalter, und der Natur: Seehunde, Rotkopfgeier, Pinguine und vielleicht noch mal Guanacas , ein Puma oder mal ein Condor. Also später mehr!

Patahuasi - “Haus in der Höhe”

Theologischer Exkurs: Ich hätte eigentlich in Peru ein Stück Befreiungstheologie erwartet. Stattdessen begegne ich einer devoten, angepassten, konservativen Theologie. Ich begegne Menschen, die in jedem Gottesdienst, in jedem religiösen Impuls, selbst beim Krankenbesuch (verbunden mit einer Kommunionfeier) auf ihre Schuld hingewiesen werden, auf Ihr Dasein in Sünde.Was braucht eine 99 jährige Frau, die kaum gerade gehen kann und den ganzen Tag mit sich allein leben muss, ehe ihr Enkel nach Hause kommt? Die Erinnerung, dass sie Fehler hat? Dass sie wie alle ein Mensch ist und daher unvollkommen? Dass sie das Kreuzzeichen richtig macht?  Ich habe den Eindruck, diese Theologie ist noch verfangen in Formeln und Traditionen, die inzwischen leer geworden sind. Sie will den Menschen klein halten. Sie befreit ihn nicht. Kann das Erbe der Kolonialzeit so lange wirksam sein?

So haben sich viele Menschen in Peru - sicher nicht alle -  eingerichtet in dieser Abhängigkeit, dieser Unterwürfigkeit - den Menschen, der Politik, der Welt, Gott gegenüber.

Wann stehen sie auf? Wann legen Sie die Haltung der Unterwürfigkeit ab?  Wann spüren Sie die Größe,  die sie in sich tragen,  dadurch, dass sie leben? Und - wird diese Kirche sie befreien?

Weg zum Naturreservat San Fernando (2 Std. /56 km südlich von Nasca)

 

Inzwischen bin ich wieder in Nasca und habe WLAN. Und ich beginne mit der Geschichte aus den Bergen:

Fiesta in Patahuasi

Sábado/Domingo 27/28.04.

Sábado, 27.4.24

Um 12:00 werden wir in Nasca abgeholt. Ein Auto mit Chauffeur aus Otoca fährt uns. Ein kleiner Hund reist mit im Auto, leckt mir zwischendurch das Ohr ab, soll aber nicht gestreichelt werden, dann beiße er…Auf dem Rückweg ist er das Singledasein auf dem Nachbarplatz leid, legt den Kopf auf meine Schulter und will dann auf meinem Arm weiterschlafen. Hat auch nicht gebissen.

Der Weg ist beeindruckend, als es über die Trochastrecken (Schotterpisten) geht. Holperig, durchgeschüttelt, oft an Abgründen entlang. So geht es eineinhalb Stunden. Ein Weg, der auch von den LKW der Minen genutzt wird. Also manchmal hinter einem LKW her tuckern, hupen, bis eine Stelle zum Überholen kommt. Wenn jemand entgegenkommt, zurückfahren bis zur natürlichen “Parkbucht”. Rückwärtsfahren an Abgründen entlang. Der Fahrer kennt sich aus!

Um 15:00 sind wir in Otoca, unserer Unterkunft. Ein leerstehendes Pfarrhaus, mit Küche und Bad und ordentlichen Zimmern für die hiesigen Verhältnisse. (Das Bad könnte ich in jeder Unterkunft erst mal grundreinigen). Der Strom ist nicht da, aber im ganzen Dorf nicht. Ob er bis abends wieder hergestellt sei? Norbert braucht ihn lebensnotwendig für seine Atemmaske. Uns wird versichert: Ja. 

Um 16:00 werden wir von hier aus zum Zielort zu einer kleinen Kirche hoch in den Bergen auf 3450 m Höhe transportiert: nach “Patahuasi”, “Haus in der Höhe” . (Foto s.o.) Der Weg wie oben ein Abenteuer. Inklusive den Kühen auf dem Weg, die vor uns davongalloppieren oder auch stehen bleiben, sodaß Mario aussteigen und sie antreiben muss. Ab und zu die Geschichten des Fahrers, an welcher Stelle jemand aus der Berggemeinschaft in den Abgrund gefahren ist. Die Kreuze oder kleinen Kirchlein erinnern daran. Der Tod - amigo und compañero.

Zwischendurch laden wir zwei Omas mit ihrem Enkelkind auf. Sie fahren selbstverständlich auf dem Pickup fast eine Stunde mit uns! Der Ort Patahuasi besteht tatsächlich nur aus einem Kirchlein und vielleicht 10 Häusern. Bewohnt von 3 Familien. Wasser aus dem Zisternenbehälter. Licht aus dem Stromaggregat. Wir kommen an und werden sofort zum Essen in eine düstere Hütte gebracht. Irgendwie liegt Rauch in der Luft, weil nebenan auf offenem Feuer gekocht wird. Wir spüren die dünne Luft auf 3450 m.. Es macht uns beiden, Norbert und mir zu schaffen, vier Schritte, stehen bleiben, vier Atemzüge, dann weiter…

Rechts unser sicherer Chauffeur.

Wir treffen ganz unterschiedliche Menschen an. Als erstes begrüßen uns die Behinderten, die man anfangs von den borrachos, den Betrunkenen nicht unterscheiden kann Aber hier in den Bergen ist alles inklusiv. Die beeinträchtigten Menschen leben einfach mit und sind dabei. Aber es sind auch schon einige betrunken. Denn die jährliche fiesta ist die Kirmes der Berggemeinschaft. Der Grill ist aufgebaut, das Bier geht um, der Schnaps wird mir angeboten. Ein Fest wie in einem Kleingartenverein, meint Norbert. Die Leute freuen sich, es ist der Höhepunkt ihrer sozialen Gemeinschaft im Jahr. Ich wundere mich, alle, die kommen, haben einen ebenso beschwerlichen Weg hinter sich wie wir. Wenigstens was die letzten eineinhalb Stunden angeht. Aber einmal im Jahr gehört es dazu. Es sind aber nicht alle betrunken. Ich wundere mich über einige Gesichter im Gottesdienst, die klar und ausdrucksstark sind. Wohl die Organisatoren, die einen klaren Kopf bewahren müssen. Auch sitzen wir am Tisch zusammen mit einem Hombre, der sein Wissen über Deutschland zeigen will. Bayern München kenne er. Was die Hauptstadt von Alemania sei? Er meint München, dann überlegt er weiter, und schließlich findet er mit dem Hinweis auf das B am Anfang BERLIN. Ob er das im Colegio gelernt habe? Nein, das sei sciencia general, Allgemeinwissen.

Um 19.00 kommt der Mittel-, nicht der Höhepunkt der fiesta: der Gottesdienst. Das scheint in Peru irgendwie dazuzugehören. Oder ich erlebe es so, weil ich hier in einem kirchlichen Kontext bin. Nur dass es mit der Frömmigkeit bei vielen ja nicht weit her ist, wie ich schon berichtet habe. Der Gottesdienst ist ein Erlebnis. Nicht weil ich Gitarre spiele und wir die Zeit musikalisch gut gestaltet haben. Sondern wegen des Lokalkolorits. Hunde laufen durch die Kirche. Einer legt sich schließlich in den schmalen Gang hinter dem Altartisch, sodaß Norbert immer über ihn hinweg steigen muss. Die Musikkapelle ist vor der Misa mit Pauken und Trompeten eingezogen ins Dorf und in die Kirche. Der Trauermarsch von Chopin ist nichts dagegen. Ihre Lieder scheinen alle in Moll Tonarten zu sein. Dafür aber laut! Jemand muss sie dazu bewegen, zu spielen aufzuhören, jetzt beginne der Gottesdienst. Einige Gottesdienstteilnehmer machen wirklich mit, bringen ihre Fürbitte ein, lesen den Bibeltext vor. Mitten in der Kirche ist ein Riesentragegestell mit der “Virgen de Chapi” einer Muttergottesfigur, die hier in Peru gern verehrt wird. Ein geschmücktes Monstrum, das am Sonntag Nachmittag feierlich in einer Prozession um den Dorfplatz getragen wird. Prozessionen mit Heiligen auf der Schulter sind wohl sehr beliebt in Peru. Am Schluß der Misa soll die Kapelle ein Loblied auf diese Virgen spielen Da fangen sie schon mit der Unterhaltungsmusik an, die eigentlich erst nachher geplant ist. Norbert unterbricht und irgendwie kriegen sie noch einen Tusch auf die Virgen hin.

Das ist nicht der missionarische Zeigefinger von Padre Norberto, sondern nur die Antwort auf die Frage, wer denn aus welchem Ort hergekommen ist. Und bei der Frage nach Nasca, ist halt auch sein Finger oben 

Nach der Misa geht es aber wirklich direkt in die Feierlaune. Der Kirchplatz wird zum Tanzplatz. Die Kapelle hat sich formiert und eine junge Frau beginnt wirklich elegant den Tanz aus Trujillo, la marinera, den wir schon in Acari kennengelernt haben. Danach tanzen alle mit und es ist ein Vergnügen, diese Meute tanzen zu sehen und zu erleben, wieviel Spaß sie haben und wie sie eben auch in Kreistänzen miteinander tanzen. 

Wir machen uns aber auf den Weg in unsere Unterkunft. Norbert geht es mit der Höhe auch gar nicht gut. Jetzt geht es mit dem Wagen dengleichen Weg zurück, den wir gekommen sind, vorbei an den Kühen und Abgründen. Nur dass es stockfinster ist. Der Fahrer unterhält sich entspannt mit den amigos, die auch im Auto sitzen. Er kennt den Weg im Schlaf, fährt aber völlig sicher.  Auf der Pritsche sind nicht nur meine Gitarre, sondern auch wieder die 2 Frauen mit der 7 jährigen Ramona, die wir schon auf dem Hinweg mitgenommen haben und die unterwegs irgendwann an ihrer Casa aussteigen. 

Diese Dame, Patracinia, hatte gerade ein Gespräch mit dem Padre. Ihr Mann ist vor einem halben Jahr verstorben.

Wir landen nach sicherer Fahrt gegen 21:15 in unserer Unterkunft. Der Strom ist wirklich wieder da. Wir hängen noch etwas ab, aber die Fahrerei Ist schon anstrengend für uns Flachlandruhrpöttler. 

Und morgen auf eine Neues. Um 12:00 ist die nächste Misa - wieder auf dem Berg. Wieder hier in diesem Dorf. Weiß Gott, und der sollte es wissen, warum das sein muss. Natürlich beginne ich zu hinterfragen, warum solch ein Aufwand? Über 5 Stunden Fahrtzeit von Nasca aus, dann diese “Strapazen” der Bergfahrten, alles für eine knappe Stunde Beten, das für die einen wichtig, für andere nur Ritual ist. Aber ich lerne, die Fragestellung ist falsch. Es scheint eine deutsche Frage zu sein, die anal orientiert an der Effektivität und dem Ergebnis interessiert ist. Aber vielleicht leben diese Menschen mehr im Jetzt? Wege sind für Leute hier normal und kein Hindernis. Das macht man nicht nur einmal im Jahr. Außerdem leben sie in dieser Landschaft, arbeiten in den Goldminen und haben keine anderen Feste, die ihnen einen Ausgleich bieten zum harten Leben hier. Ich möchte nicht tauschen mit ihrem Leben und will ihre Lebenseinstellung auch nicht glorifizieren. Nur maße ich mir nicht an, sie zu be- , geschweige zu verurteilen.

Was ist, wenn die Religion, oder Gott, oder die einfache Sorge ums Überleben in diesen Traditionen  einen Halt bekommt? Außerdem nehmen sie einiges in Kauf, damit diese Fiesta hier gelingt. Immerhin lassen sich die Leute ihren Padre was kosten. Das Auto mit Chauffeur von Nasca hierher und zurück wird von der Gemeinde bezahlt und hat 600 Soles gekostet (150 €) . (Norbert meint, der Chauffeur hätte zu viel verlangt.) Und Misas kosten ja hier auch Geld. Es ist eine Ehre für die Menschen und es wertet sie auf, wenn der Padre extra für sie herkommt und ein gutes Wort, ein Ohr, ein Gebet und den Segen für sie hat. Und ich habe viele Begegnungen gesehen, die Norbert mit den Menschen gesucht hat.

Meditation in der Wüste:

Ausflug ins Naturreservat

San Fernando

Lunes/Martes 28/29.04.

Ich kann es nicht in ein Foto einfangen: erst die Schotter- und Ruckelpisten. Über eine Stunde lang. Dann Wüstensandwege, die bergab führen, und die uns Sorge um den Rückweg machen. Kommen wir hier wieder herauf trotz Allradantrieb?

Wie kam es zu diesem Ausflug?

Norbert hatte über Verbindungen den Hinweis bekommen, dass jemand im Naturreservat San Fernando ein Haus besitzt, das man besuchen könne. A) ist das Naturreservat ein natürlicher Ort für unterschiedlichste Vogelarten, Seehunde, Pinguine, Rotkopfgeier, Wüstenfüchse, Guacanas und viele mehr. Außerdem im Frühling (Nov - Jan), wenn die Wüste blüht, ein Meer an bunten Blumen und Gewächsen mit den dazugehörigen Schmetterlingen und Kolibris.B) Bevor dieses Gebiet als Naturreservat vor Besuchern geschützt wurde und heute jeder Eindringling kontrolliert und registriert wird, hatte wohl ein reicher Geschäftsmann ein großes Grundstück erworben oder besetzt und eine für peruanische Verhältnisse gepflegte Hacienda errichtet. Der Verwalter dieses Anwesens wohnt in diesem Anwesen und es scheint mit guten Beziehungen möglich zu sein, dort einige Tage zu verbringen. Uns legte er jedenfalls nahe, wir könnten ruhig eine oder zwei Wochen bleiben.

Lunes, 29.4.24

Am Morgen - noch in Nasca - wache ich mit einem Traum auf. Ich sollte mit meinem Team eine Papstaudienz bekommen. aber kurz vor Erreichen der päpstlichen Räume wird mir mitgeteilt, dass nicht wir, sondern die Geschäftsführung für die Audienz vorgesehen sei. 

Mit diesem Traum im Gepäck mache ich mich zusammen mit  Norbert und Pablo, dem Verwalter der Wüstenhacienda, - ein ehemaliger Militärsoldat, drahtig, etwas schwerhörig und 77 Jahre alt - auf den Weg nach San Fernando. Zuvor hatte ich einiges eingekauft, weil es hieß, dort gibt es nichts und wir müssen uns selbst verpflegen. Wir wissen also nicht, worauf wir uns eingelassen haben. Erst recht nicht, als die 56 km nicht eben in einer Dreiviertel Stunde zurückgelegt sind. Nach eine halben Stunde Panamericana biegen wir ab auf eine Schotterpiste, die uns 1,5 Stunden beschäftigen wird.

Wir lassen den Windpark hinter uns, den die Chilenen hier errichtet haben und der in langen Trassen den Strom ins Nachbarland transportiert. Warum die Peruaner hier nicht ihre eigene Stromversorgung organisieren, bleibt uns ein Rätsel.

Irgendwann zeigt sich kein menschliches Leben mehr auf dem Weg. Aber auch die Guanacas, die hier noch etwas zu fressen finden, zeigen sich nicht. Nur Wanderdünen, die auch immer wieder unseren Weg überdecken und uns zu Umwegen zwingen, begegnen uns.

Jetzt, um 21.07 sitze ich am zu Ende brennenden Lagerfeuer mitten in der Wüste von San Fernando direkt an der Küste. Ich höre die laute Brandung, ich sehe über mir einen Sternenhimmel, der durch keine Straßenlaternen oder durch das Licht einer Stadt beeinträchtigt ist. Und vor mir die letzten Hölzer, die noch glimmen und glühen. Norberto hält das Gespräch mit Pablo aufrecht. Mit wenigen Beiträgen kann ich mich auch einschalten.

Wir haben einen Ort angetroffen, der eine paradiesische Ausstrahlung hat durch die starke Natur, die Ruhe, die Einfachheit. Einfach, obwohl das Haus gut ausgestattet ist, sogar mit unabhängiger Stromversorgung durch eigene Solarzellen, mit Bädern und Zimmern, die sauberer sind als jedes Pfarrhaus, das ich bisher bewohnt habe. Pablo bewirtet uns sogar und zwar so fürstlich, daß unsere mitgebrachten Vorräte (bis auf den Vino tinto) scheinbar überflüssig sind. Der Preis für die Freundlichkeit ist wohl, dass er sich über ein paar Gesprächsteilnehmer freut, die ihm am Abend am Lagerfeuer mal zuhören und denen er seine Theorien über Peru und die Welt mitteilen kann.

Das Haus liegt 50 Meter vor einer Schlucht, die zum Meer hinunter führt, man kann dorthin laufen (oder besser die Böschung hinabrutschen) und steht am Wasser.

Am Nachmittag fährt Pablo uns freundlicherweise  zu der Bucht, in der sich  Seehunde und Pinguine tummeln.

Zeigt uns schließlich auch eine Stelle, an der es einen Sandstrand gibt zum Baden. Aber die Wellen sind uns zu heftig und zu viele Felsen liegen unsichtbar unter der Wasseroberfläche.  Wir laufen in Badehose bis zum Wasser, bis die Wellen uns einmal voll erwischt haben. Aber wir gehen kein Risiko ein. Es ist trotzdem überwältigend.

Wir haben beide das Gefühl, das hier ist ein Ort, wo man trotz oder bei aller Einsamkeit still werden kann. Und doch ist man nicht allein: das Meer, die Wüste, die Tierwelt und in der Nacht sogar der Sternenhimmel schaffen eine ungewöhnliche Vertrautheit mit dem Universum.

Zur Nacht macht Pablo die Feuerstelle aktiv. Nach dem Abendessen landen wir am Lagerfeuer. Sitzen auf Naturholzbalken, die das Meer angespült hat. Dann hole ich meine Gitarre, singe Hannes Wader Lieder und Der Mond ist aufgegangen. Pablo und Norbert ziehen sich irgendwann zurück. Ich spiele noch eine Zeitlang mein Repertoire auf der Gitarre vor mich hin. Mitten in der Wüste. Unter dem Sternenhimmel.

Vielleicht habe ich hier sogar eine Audienz beim Chef selbst bekommen statt auf einen Termin  bei seinem Stellvertreter warten zu müssen…

Am Dienstag fahren wir zurück . Pablo rangiert uns sicher durch den Dünensand. Alles gut bis darauf, dass ich mein Ipad in der Eile des Aufbruchs nicht einpacke. Etwas verzweifelt checke ich die Lage. Aber was sind in Peru Wege? Pablo bietet sich an, schon am nächsten Tag auf der Ladefläche eines Pickup irgendwelcher Bekannten über Marcona bis zu seiner Hütte zu fahren und mit dem eigenen Wagen, der dort immer deponiert ist, zurückzukommen. Mittwoch um 11:00 ist das Ipad wieder bei mir. Gern zahle ich ihm 150 Soles Spritgeld und Norbert spendiert eine Flasche Wein!

Ende der Eintragungen vom Monat APRIL

April 24

4.Woche ab 21.04. In Chala

 

 


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Kommentare

Dirk Kampling
Vor einem Jahr

Ich war eine Woche nicht auf Deiner Seite. Ich war in Berlin und hatte danach noch Stress. Nun habe ich den restlichen April zur Kenntnis genommen: Hartwigs theologische Verwirrung gepaart mit linken Ideen; Hartwig und der Hund (total süß) und das angeleckte Ohr; die Fahrt am Abgrund; der stromlose Ort; die dünne Luft; die Betrunkenen und die Musik und der Gottesdienst; der Tanzfilm (sehr schön); die Menschen und ihr Leben; das Naturreservat und der Traum (den muss ich noch deuten!!!); die wahnsinnig meditative Landschaft und das Lagerfeuer und das Meer; Fotos und Tiere und der Nachthimmel und die Natur; das Gitarrenspiel und auch so was wie eine Glaubenserfahrung. Ich wusste gar nicht, dass Du Hannes Wader spielst. Gut!!!
Was für Eindrücke!!! Das ist schon aus der Entfernung beeindruckend. Jedes Detail ist ein Gespräch wert. Wie kommst Du mit dieser Fülle an Eindrücken zurecht. Ich beneide Dich weiterhin.
Und morgen fahre ich für einige Tage nach Frankfurt, und ich freue mich schon auf die dann geballte Ladung neuer Eindrücke vom Bruder Lux.

Hans und Doro
Vor einem Jahr

Lieber Hartwig, wir sind beide so begeistert!
Und dann hatten wir die plötzliche Inspiration:

Das müsste ein Buch werden!
Phantastische Fotos und wunderschöne, sensible Beschreibungen.
Wir haben es vor Augen.
Alles Liebe aus dem Sauerland

Hans und Doro
Vor einem Jahr

Lieber Hartwig, diese Straße oder besser: Schotterpiste, unglaublich!
Ein mich bewegendes Gemälde, und doch für Euch: eine Straße.
Deine Fotos sind einzigartig.
Für uns sind es "nur" herausragende Fotos, Für Dich/Euch Realität.

Ganz liebe Grüße aus dem Sauerland, wo wir manchmal über ein Schlagloch meckern.

Eine Woche Chala - wohnen direkt an der Panamericana - die Panamericana geht gefühlt durch mein Schlafzimmer - im Pfarrhauskomplex mit Padre Lino und Benito, sowie der Psychologin des Integrativen Zentrums. Ich werde freundlich aufgenommen und es gibt in dieser Hausgemeinschaft selbstverständlich gemeinsame Mahlzeiten vom Frühstück bis zum Abendessen. Wobei mittags in der Woche im “Comedor” gegessen wird, dem pfarreigenen Essensangebot direkt gegenüber.

Die Gastgebenden machen es mir leicht, was die Sprache angeht. Einmal sprechen sie recht deutlich, zum andern suchen sie nach Synonymen, wenn ich einen Ausdruck nicht verstehe. Bei allem geben sie mir das Gefühl, dass ich kommunizieren kann und meine ganzes Spanisch-Studium nicht umsonst war..

Gegenüber Atico ist Chala eine unruhige, kommerzielle Stadt. Ein Vielfaches an Geschäften, viele kleine Baumärkte, Architekturbüros, Versicherungen, Imbißstuben, Restaurants. Und am Strandabschnitt sogar ein 3 Sterne Hotel mit eigenem Außenpool.

Dienstag, 23.4.24

Jetzt bin ich schon vier Tage hier und habe nicht viel zu erzählen. 

Ich beschwere mich auch nicht, weil ich inzwischen weiß, dass die ersten Tage an einem neuen Ort, in einem neuen Setting scheinbar immer ein Suchen und Abtasten sind. Es hat ja niemand auf mich gewartet, um mir jetzt die Welt von Chala zu öffnen. “Das ist der Voluntario Harty aus Alemán. Bienvenido”. “Guten Tag” versucht es Padre Lino auf deutsch, der schon einmal in Deutschland die Partnergemeinde in Weinheim bei Heidelberg besucht hat. Er ist ein kleiner, untersetzter Mann, der - sicher etwas ehrgeizig, aber nah am Menschen - die Riesengemeinde in Chala leitet. Er fährt seinen eigenen Pick up, (ich darf den anderen Pick up der Gemeinde fahren). Im Comedor, dem (Armen-) Restaurant der Gemeinde steht sein Motorrad,(Kawasaki 1000). Ein Mann, der was auf sich hält und auch so auftritt. Mit einer lauten Stimme, die beim Singen gut den Ton halten kann. Er nimmt mich mit zu den Baustellen der Gemeinde (er baut gerade eine 3.Kirche im Zentrum von Chala), zur gemeindeeigenen Panderia (Bäckerei), und zu zwei Schulen, in denen er für die Vorbereitung zur Firmung wirbt. Freitag geht es los mit der Vorbereitung. Man trifft sich dann  im Rohbau der neuen Kirche. Morgen treffen sich dort schon 80 Erstkommunionkinder. Ohne Katechistas, Laienhelfern geht so was nicht.

Chala ist groß. 19000 Einwohner. Aber natürlich nicht alle katholisch. Es wimmelt von charismatischen Gemeinden, Adventisten und sonstigen Glaubensgemeinschaften. Kennedy soll in der Cubakrise die Charismatischen Prediger nach Südamerika gelotst haben, um die Menschen vom Kommunismus abzulenken (und devot und abhängig zu halten). Jetzt sprießen sie immer noch aus allen Häusern oder Garagen, um sonntags zu predigen. In Nasca hört man sie auf der großen Plaza mit dem Megaphon laut rufen: Jesus rettet dich! - Vor wem eigentlich?

Padre Lino und seine Crew sind also angesichts des großen Einzugsgebietes hinreichend damit beschäftigt, den Nachwuchs für ihre Gemeinden aufzuziehen. Padre Benito hilft mit seinen 70 Jahren dabei. Er ist der gute Troll neben dem ehrgeizigen Lino. Er interessiert sich für alles, macht aber nichts zum Problem. Auf der Autofahrt nach Yauca am Sonntag hat er jeden Stein, jedes Straßenschild kommentiert. Man muss nicht immer so genau hinhören.  In seinem Wesen ein herzensguter. Für mich im Umgang angenehm: man kann einfach drauf los reden. 

Padre Lino und das Comedor, unterstützt durch Spenden der deutschen Gemeinde in Weinheim. (Zwei Vertreter der Gemeinde waren über Ostern hier und ich habe sie kurz kennengelernt. Wir haben Telefonnummern ausgetauscht.) Im Comedor kann jeder für 10 Soles (2,50€) ein 2 Gänge Menü mit frisch zubereitetem Saft bekommen. Der Obstsaft ist ein wirklich Gedicht! (Z.B. Mango-, Maracuja-, Apfelsaft)

Was ich tue? Wie bereits in Atico gelernt, halte ich die Augen offen und checke die Menschen und die Gemeinde, in der ich gelandet bin. Daneben wasche ich meine Wäsche, mache auf dem Dach des Hauses TaiJi, lese am Strand, habe aber das kalte Wasser noch nicht über die Füße hinaus ausprobiert. Gehe mittags zum Essen in den Comedor und mache Spaß mit den Kindern, wenn gerade eines mit seinen Eltern zum Essen da ist.

Meine bisherigen Adressen sind das Integrative Zentrum mit Veronica, der Physiotherapeutin und Lourdes, der Psychologin. Aus ihnen versuche ich was über die Kinder, die Diagnosen und die Eltern herauszubekommen. Und über das Gesundheitssystem, das in Chala nichts, auch gar nichts für autistische oder mental beeinträchtige Kinder anbietet. Und ich suche die Panderia auf, um dort vielleicht einen Kaffee zu bekommen und mit dem Bäcker oder einem Kunden ein Schwätzchen zu halten. Vielleicht bin ich morgen beim Treffen mit den Kommunionkindern dabei. Mal sehn, wie Lino drauf ist. Ein Besuch im Schulunterricht bei einer anderen Veronika, Religionslehrerin an einem Colegio, hielt er nicht für möglich. Warum, konnte ich nicht erfahren.


Centro de rehabilitación integral - eine Einrichtung für therapeutische Hilfe für Kinder mit mentalen oder psychischen Beeinträchtigungen, und zwar als Angebot der Kirche. Hier bin ich heute zuerst und mache ein beeindruckende Erfahrung: Ich treffe eine Mutter mit ihren 2 Söhnen an, Michael und Moisés, ca 7 und 10 Jahre alt. Der eine mit einer Impulskontrollstörung, der andere mit einer deutlichen Minderbegabung. Die 27 jährige Mutter erzählt mir, dass keine Schule die beiden integrieren will. Eine staatliche “Förderschule” gibt es nicht. Ob man nicht mehr Druck bei den Ortspolitikern machen sollte, so wie Padre Norberto es anregt? Die hätten keine Interesse, ein solches Thema habe keine Priorität und sei für sie nicht bedeutend genug. Das bestätigt auch Lourdes, die Psychologin.

Bild 1 sitzend: Lourdes, die Psychologin (22 J.).            Bild 2 stehend: Veronica, Physiotherapeutin         


Wie sie das denn alles geregelt bekommt, frage ich die junge Frau. Ob es einen Ehemann gebe, der sie unterstützt? - Nein. Eltern im Hintergrund? - Nur eine Mutter, aber die könne mit den Behinderungen nicht umgehen. Und wo bleiben die beiden tagsüber, wenn es keine Schule gibt? - Sie gehen zu zwei Lehrern, die sich mit ihrer Behinderung auskennen, quasi Privatunterricht in einigen Schulfächern. Und nachmittags gehen sie in eine “academia”, quasi ein Kindergarten für sie. Beides, die Lehrer und die Academia müsse sie bezahlen. Und die Therapie hier im Centro verlangt auch einen Beitrag von umgerechnet 5 € für die Behandlung. Wovon sie das denn zahle, frage ich? Sie habe ein Mototaxi, und damit verdiene sie so eben genug, um die Kinder durchzubringen und die Kosten für die Therapien abzudecken. Ich ziehe den Hut und sage der Frau, daß ich sie bewundere für das, was sie leistet. Sie kann lächeln, wirkt nicht verzweifelt. Aber ihr Blick ist desillusioniert und die Unterstützung der Psychologin Lourdes und der Physiotherapeutin Veronica sind ihr eine große Hilfe. Ob sich schon was verbessert habe bei den Beiden? Viel geändert habe sich eigentlich nicht. Aber sie sei  auch erst wenige Monate hier in Chala. Als sie mit den Kindern in ihr Mototaxi steigt, versetzt der eine dem andern erst mal eine Ohrfeige, die bekommt er prompt zurück. Aber weiter eskaliert es nicht. Sie sind es scheinbar gewohnt.

Ich bin berührt und betroffen. Wie schafft diese Mutter es, am Existenzminimum zu leben und dann noch diesen herausfordernden Kindern soviel zu geben. Ich bedanke mich für ihr Vertrauen und auch bei Lourdes für ihre Arbeit und frage sie, ob die Kinder Fortschritte machten. Sie meint, ja. Sie kritisiert eher das peruanische System, weil man hier einen Monat auf psychotherapeutische Behandlung warten müsse. Sie ist völlig erstaunt, als ich ihr von deutschen 10 monatigen Wartezeiten berichte. 

Kommentar: Die Gesprächsinhalte sind 50% von dem, was ich verstanden habe. Den Rest musste ich nachfragen oder unverstanden stehen lassen.


Am Mittwoch besuche ich das Seniorentreffen. Über 20 alte Menschen kommen oder werden gebracht. Wirklich alte und alt aussehende. pobre y viejo - arm und alt, das ist hier schon ein Schicksal oder Alltag. Ich stehle mich weg, als mein Stuhl gebraucht wird und lasse die Gruppe beim Bingospielen allein. Altenarbeit ist nicht meins. Und der Körpergeruch meines 87 jährigen Nachbars Pedro wird mir noch in der Nacht in der Nase sitzen.  Vor dem Spiel geht aber noch ein Zahnarzt durch die Reihen und notiert Namen und Telefonnummern. Ein Angebot der Stadt oder des Staates, die mit einem Zuschuß die Zahnbehandlungen fördern.

Um 17:00 kommen die Eltern der neuen Erstkommunionkindergruppen. Eltern heißt, Mütter. Teils mit Kleinkindern oder noch an der Brust. Die Männer sind nicht dabei (wie meist auch in Alemania). Padre Benito zeigt sich mir von seiner mobilen und spontanen Seite. Fordert mich auf, meine Gitarre zu holen und macht mit seinen 70 Jahren Aufwärmspiele mit den Müttern. Bewegungsspiele, die wach und offen machen. Er macht mit. Ansonsten ein Elternabend wie wir ihn aus Schulen oder Pfarrheimen kennen. Viel Organisation und dann werden die Eltern eingeschworen, die Kinder zu unterstützen, Sonntags in die Kirche zu kommen und ein Vorbild zu sein. Viel Predigt und vielleicht taube oder wenigstens müde Ohren. Aber wer hier kommt, hat sich darauf eingelassen, 2 Jahre diesen Vorbereitungskurs mit den Kindern durchzustehen! 

Padre Benito kommt hier sympathisch rüber. Ich glaube, er erreicht die Frauen. 

Dazu am Schluß noch die Geschichte von seinem sportlichen Auftritt nach dem Gottesdienst am Sonntag  in Yauca: die Sakristanin musste schnell fort und hatte die Kirche bereits abgeschlossen, aber den Padre vergessen. Die Kirchentür war zwar offen, aber das 2,20 Meter hohe Gitter zum Eingang in den Kirchenraum abgeschlossen. (Foto s.unten, natürlich im offenen Zustand) Kurzerhand schob Benito zwei Kirchenbänke vor das Tor und versuchte darauf zu klettern. Aber dafür waren 2,20 Meter doch zu hoch. Schließlich bot ich ihm meine Schulter an, - immerhin ca 1,75 m Höhe -, und schob sie zwischen die Gitterstäbe . Er schaffte es , sich über Kirchenbank und Schulter auf das Tor zu setzen, und auf der anderen Seite mit Hilfe meiner Schulter und einer anderen Kirchenbank wieder herabzusteigen. Bis auf ein schmutziges Hemd ohne Blessuren! Gratulation!

Am Donnerstag kehre ich nach Nasca zurück. Und ich freue mich, wieder “zuhause” zu sein. Auch hier spreche ich erst mal spanisch, auch mit Norbert, aber natürlich auch wegen Jesús, der mich dann gern korrigiert. Die wenigen Tage in Nasca haben nur einen kurzen Überblick über die Gruppen und die Anforderungen und er Gemeinde gegeben. Altennachmittag am Mittwoch, Gruppe der anonymen Alkoholiker mit fachlicher Begleitung, das Restaurantangebot (Comedor), die Panderia (Bäckerei), das Centro Integral, die Erstkommuniongruppen demnächst jeden Freitag und Samstag und die Firmvorbereitung jeden Samstag und Sonntag. Und Gottesdienste in drei Orten. Das sind nur die äußeren Daten, nicht die seelsorglichen Beratungen usw. Ich stelle fest, ich brauchte wieder einige Tage, um mich im neuen Setting (Chala) zu orientieren, Vertrauen aufzubauen und die Lage zu checken. Umgekehrt gestehe ich das den Gastgebern ebenso zu. Daher braucht es etwas, bis sich mögliche Aktivitäten herausstellen. Worauf ich Lust hätte? Bei den Kindergruppen und Jugendlichentreffen sehe ich mich am ehesten. Auch den Müttern im Centro Integral ein Ohr zu schenken und ihre Geschichten kennenzulernen, interessiert mich. Da ich jetzt aber mit Norbert in der nächsten Woche und danach verplant bin, muss ich konkret schauen, wann ich wo einen längeren Aufenthalt einplane.

Denn am 31.5. ändert sich die Zeitrechnung in Peru. Dann ist 3,5 Wochen Beziehungszeit, wenn Christiane in Cusco gelandet ist...

Ich lasse im Pfarrhaus zurück Padre Lino, Padre Benito, der mir ans Herz gewachsen ist, Veronica und Lourdes, und Veronika, die Lehrerin. Nicht zu vergessen die vielen Kakerlaken, die nachts aus den Ritzen krabbeln und auch in meinem Zimmer im Schubladenschrank geknabbert haben. Aber sie kennen mich schon von Atico. Dort haben sie meine Zimmertür “beschützt” (von außen !).


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Hans und Doro
Vor einem Jahr

Lieber Hartwig, Deine Schilderungen: sehr spannend,
Deine Fotos: lassen uns mit dabei sein, sehr berührend,
Deine persönlichen Erfahrungen und Empfindungen: huch, nicht so einfach, was Du so alles erlebst, wunderbar rüberbringst und so gut "handlest"
Alles Liebe aus dem Sauerland

Dirk Kampling
Vor einem Jahr

Ich war gerade wieder in einer anderen Welt, Deinem Peru. Und es ist gut, dass Du nicht nur beschreibst was, sondern auch wie Du wahrnimmst. Das macht es spannend. Ich bin ab morgen einige Tage in Berlin. Und danach habe ich wieder was zu lesen. Bis dann.

Dirk Kampling
Vor einem Jahr

Das Bild mit dem Strand und dem halb angekippten Boot macht Lust es selbst mal zu sehen. Es erinnert mich ein wenig an Schottland. Schönes Bild/Foto.

April 24 - 

3.Woche 15.04.  In Atico

 

Immer noch in Atico.

Ich kann gar nicht beschreiben, was ich hier tue.

Leben auf peruanisch.

Ich hatte gehofft, mich an die hiesige Caritasgruppe, die sehr engagiert ist, anhängen und irgendwo mitlaufen oder mitarbeiten zu können. Auch hatte ich gehofft, die drei mexikanischen Schwestern, bei denen ich ein Zimmer bewohne, könnten irgendwo meine Unterstützung gebrauchen und wenn es als Chauffeur oder Gitarrenspieler im Gottesdienst wäre.

Aber ich laufe so nebenher. Die Caritasleute haben ihren Job und die Schwestern sind eben Latinos. Vielleicht ist auch alles eine Frage der Vertrauensbildung. Man muss sich vielleicht erst mal kennenlernen.

D.h. Alle sind nett, aber keiner braucht mich, oder kümmert sich um mich. Also dränge ich mich auf.

Lade mich bei den Schwestern zum Frühstück ein, damit ich einen heißen Kaffee bekomme, und gehe zu den Veranstaltungen der Helfer, um Anschluß zu finden. Ergebnis: die Seniorenveranstaltung habe ich ja schon gepostet. Beim Mittagessen Mo - Mi - Fr bin ich dabei und gehe in Kontakt. Und César bietet mir Mo - Mi - Fr eine Stunde Spanisch Konversation an. César ist ein IT-Professional, der bei der Kommunalregierung beschäftigt ist. Ich glaube, Amelia hat ihn bedrängt, mir Zeit zum Unterricht anzubieten. Aber er ist bereitwillig, will kein Geld (ich werde was spenden) und nach der ersten Stunde weiß ich inzwischen, wie ich ihn am besten nutzen kann.

Leben auf peruanisch heißt: jeder sorgt für sich, aber es kann auch ganz anders kommen.

Die Schwestern nehmen mich mit auf eine Veranstaltung im 20 Minuten entfernten Ort. Und auf dem Rückweg sagt Maru: Jetzt fahr du das Auto. Und plötzlich fahre ich einen uralten Suzuki mit einem 180 Grad Lenkradspiel über die Panamericana mit zwei Schwestern, die lauthals im Auto Lieder singen und Spaß haben. Vorbei an Trucks und LKW´s, die mein langsames Gefährt gern überholen möchten.

Kann man so eine Aktion nicht besprechen? Oder planen? Nach dem Motto: nimm mal deinen Führerschein mit. Auf der Panamericana wird gern kontrolliert… Aber so sind sie. Manchmal wie Kinder, planlos und lustig, dann wieder in ihrem Job. Wie sie mich sehen? Keine Ahnung. Als Gast? Als Eindringling? Als Kontrolleur von Padre Nikolai? Oder einfach als den, der morgens die Brötchen kauft und immer was leckeres Süßes mitbringt. Ich weiß es nicht. Aber ab und zu haben wir auch richtig Spaß. Nur eingeladen haben sie mich nie, weder zum Frühstück, noch zum Mittag oder Abendessen, obwohl ich auf ihrem Grundstück hause. Leben auf peruanisch. Sie meinen es bestimmt nicht böse.

Anderes Beispiel: Ich spiele in der Sonntagsmesse Gitarre. Es werden 11 Katechisten beauftragt. Große Feier. Aber vorher nichts davon erzählt. Anschließend feiern die Katechisten noch zusammen. Wer mich einlädt, sind nicht die Schwestern, sondern die Katechisten. Und ich habe nette Gespräche mit Jugendlichen, die mich über deutsche Fußballer ausfragen oder wissen wollen, wie die Mindestgröße für Polizisten in Deutschland ist. (Die junge Frau, die fragt,  ist nicht die Größte und möchte Polizistin werden.) Immerhin, die Jugendlichen können sich mithilfe des Google-Translaters mit mir verständigen . Flexibler als die Alten, die dann einfach aufhören mit mir zu reden.

Und fotografieren lassen sie sich immer gern. Keine Hemmungen. Und singen in jeder Lebenslage.

César hat mich am Sonntag an ein Strandstück mit Sandstrand gefahren. Etwas Wochenendbespaßung. Wir machen dort einfach Siesta und schauen einigen jungen Männer beim Fischen zu.

Dafür habe ich César  heute in der “Clase”, wie sie den Unterricht nennen, gelöchert mit Fragen über Peru und die Sprache und die Politik.

Zur Politik in Peru muss man wissen, dass seit 4 Wochen nur ein Thema in den Medien ist: nämlich, dass die Präsidentin Dina Boluarte sich in einem Interview mit einer 1000 Dollar teuren Rollex gezeigt hat. Daraufhin wurde sogar ihr Palast durchsucht, ob sie möglicherweise Handel mit diesen Uhren betreibt. Der Aufschrei der Medien hat seinen Grund in dem großen sozialen Kontrast. Ein*e Peruaner*in verdient im Monat 1200 Soles durchschnittlich, also 400 €. César rechnet mir vor, dass er am Tag 40 Soles braucht, um zur Arbeit zu fahren und sich zu ernähren. Und er besitzt ein eigenes Haus (nach peruanischen Maßstäben). Die Kluft zwischen den 97% Reichen und den 3 % an der Armutsgrenze Lebenden  wird im Rollex-Fall signifikant deutlich. Und wirtschaftlich ist Peru ein reiches Land: reich an Natur, Bodenschätzen und Kultur. Aber das landet mit Hilfe der Korruption bei nur wenigen Auserwählten.

Was auf diesem Hintergrund unsere europäischen Sorgen betrifft: die Kriege, das Klima und die neue Weltordnung - das geht unter angesichts der sozialen Kontraste im eigenen Land. César meint sogar: zum Krieg gehören immer zwei Parteien, die etwas erreichen wollen. So wird das Problem eines Krieges im fernen Europa neutralisiert und auf Abstand gehalten.


Ich hoffe, ich habe nicht zu sehr gejammert. Danke für das Mitgefühl.  Diese Tage hier in Atico waren Überlebenstraining in fremder Umgebung. Ich weiß mich zu versorgen (auch ohne Küche am Zimmer)  in den Tiendas und Restaurants der Stadt und ich weiß, mich zu strukturieren entweder mit Besuchen bei Salamira, der immobilen 85 jährigen Seniorin, oder mit Wanderungen auf den Berg mit dem lieblos gepflegten Friedhof oder durch die wunderbare Wüstenlandschaft hier an der Panamericana.

Dass es Montagnacht hier geregnet hat, hat mich sehr überrascht. Das gibt es also doch. Es waren stundenlange Regengüssen bis in den Vormittag. Es hat natürlich ins Zimmer geregnet, wie bei viel andern auch hier in Atico. Die Häuser sind darauf nicht eingestellt. Auch haben die Menschen hier kein Regenzeug. Sie laufen mit ihren Pullovern und Fliesjacken durch den Regen. Ich hatte auch keine Regenjacke dabei. Das ist Solidarität…

Ich bin verliebt in diese “Mondlandschaft” mit ihren Fantasiefiguren aus Stein.

Und durch diese Mondlandschaft führt die Panamericana…

Aber dann passieren immer wieder Überraschungen wie oben der Ausflug mit den Schwestern mit der abenteuerlichen Autofahrt. Oder ein weiteres intensives Gespräch mit Almería und ihrem Mann. Wobei Almería es schade findet, dass ich Samstag schon weiterfahre. Offensichtlich gibt es mehr Sympathie oder Beziehung, als ich von außen erkennen kann. Oder heute: als Claudio und Marabella mich einluden, mir den Hafen, die Fischfabrik und die Algenfabrik zu zeigen. Zur Algenfabrik:  die angeschwemmten Algen werden aufgesammelt, geschreddert und in Säcken verpackt nach China und Chile transportiert. Dort werden sie zu Shampoo oder Kosmetika verarbeitet. Zur Algenfabrik fahren wir, um dort Spenden für die Caritasarbeit zu erbitten. Der Besitzer bewirbt sich gerade für den Posten des Bürgermeisters. Ob er denn vertrauenswürdig sei, frage ich. Er sei schon zuverlässig, auch der Kirche zugetan, aber auch er arbeite natürlich in die eigene Tasche, sprich Korruption. So ist das hier in Peru. Aber eine Spende für die Arbeit mit den adultos mayores haben sie herausgearbeitet.

Claudio und Marabella halten an allen touristischen Miradors/Aussichtspunkten an, damit ich ein Foto machen kann. 

Freitag ist noch ein dichter Tag mit Begegnungen und dem Abschiedstreffen bei den Senioren. Am Morgen fahre ich im bekannten Suzuki Christina aus dem Helferinnen Kreis zu den freitagslichen Seniorenbesuchen durch die Gegend. An der Stelle müsste ich was erzählen über die Frömmigkeit in Atico (will nicht sagen Peru) und die konservativen Glaubens- und Gottesvorstellungen. Aber das fasse ich  später einmal zusammen. 

Abschied von Atico

Ich bleibe extra bis zum Freitagstreffen der Senioren. Aus Respekt und Wertschätzung für die Zeit, die mir Claudio, Amelia, César, Marbella und die anderen Helfer*innen geschenkt haben. Ich werde belohnt mit einem herzlichen Abschied und einer herzlichen Umarmung von jeder und jedem mit besten Wünschen für die Weiterreise und für meine Familie. Amelia sagt mir erneut, dass meine Präsenz den Menschen etwas bedeutet, wogegen ich beteure, dass ich nicht viel getan habe für sie. Aber bei einem spanischen Lied kann ich dann noch begleiten und etwas erzählen.

Multiple Choice in Peru. Mit César hatte ich wie erwähnt einige Fragen diskutiert. Er meinte dann, ich solle die Fragen konkret formulieren und wir stellen sie in einem Fragebogen den Senioren beim Freitagstreffen. Ich hatte meine großen Bedenken, dass solche politischen und kritischen Fragen nicht in diesen Rahmen passen Aber César hielt dagegen. So entwarfen wir 4 Fragen mit jeweils 3  Antworten zum Ankreuzen.

Hier die Fragen:

1. Viele Senioren sind allein und ohne Familie. Warum kommen sie nicht zum angebotenen Caritas-Mittagessen und essen dort gemeinsam statt allein zuhause.

2. Wenn Trump amerikanischer Präsident werden sollte, was würde sich für Peru ändern?

3. In Europa glauben rechte Parteien, sie könnten die Probleme von Rassismus und Migration usf. lösen. Wären rechte Parteien auch für die Probleme in Peru eine Lösung ?

4. In Deutschland und in Peru gibt es immer weniger Priester. In Deutschland gibt es eine Bewegung von Frauen, die das Priesteramt auch für Frauen fordern. Wäre das auch in Peru eine Lösung?

Ich hatte Recht, die Teilnehmer waren mit den Fragen oder mit der Methode erst mal erfordert. Es lief darauf hinaus, dass César und Amelia jedem einzeln die Fragen erklärten. Im Lauf der Runde ergaben sich Antworten, die schnell von César gebündelt wurden, sodass es nicht verschiedene, sondern letztlich immer nur eine Antwort auf die Fragen gab, nämlich die den größten gemeinsamen Nenner ergaben. (Lustig war dann, dass César diese Antwort auf jedem Fragebogen noch einmal ankreuzte).

Aber zu den Antworten:

zu 1: die meisten haben noch Familie, sodass sie gar nicht allein sind und den Bedarf haben. Die anderen sind nicht gehfähig und müssen sich ihr Essen abholen lassen. Habe also falsch recherchiert, bzw. Die Situation der Senioren nicht richtig eingeschätzt.

zu 2: Trump interessiert sich nicht für Peru. Also wird sich bei seiner Wahl für Peru nichts ändern.

zu 3: Rechte Parteien haben in Peru keine Chance, weil das Problem der Korruption alles überlagert.

zu 4: während Amelia und César bei den Vorgesprächen schon anfingen zu diskutieren und dem Frauenpriestertum in Peru keine Chance gaben, meinten viele Frauen: Frauen können auch was . Und man sollte sie mehr machen lassen. Miluska, eine jüngere Caritas Helferin, ließ sogar das böse Wort “machismo” fallen und ermunterte die Frauen an ihrem Tisch, sich für die Frauen stark zu machen. Natürlich  gab es erste Äusserungen: das sollen die Männer machen usw. Aber Miluska hat schließlich den Trend der Antworten bestimmt. Aber nichtsdestotrotz: einige Frauen haben sich getraut und mal eine anderen Standpunkt bezogen! Da ist doch mal was in Bewegung gekommen!

Also unterm Strich eine interessante Aktion, auch wenn sie methodisch im Keller war. Aber es sind einmal Fragen angesprochen worden, die für diesen Kreis ungewöhnlich waren.  

Mit dem herzlichen Abschied  von der Seniorentruppe bekamen die knapp zwei Wochen in Atico noch eine sehr persönliche Komponente. Diese alten, runzeligen Gesichter an der Wange zu spüren mit einem peruanischen Abschiedskuss - das war schon berührend.

Ich denke, ich habe diese erste Solo-Reise ganz gut hingekriegt. Sicher hätte ich im Rückblick offensiver sein können, mehr direkt anfragen, vielleicht auch einfordern. Aber manchmal bin ich etwas schüchterner als meine Frau. Die hätte sicher schneller Kontakt und Vertrauen gefunden. Das dauert bei mir eben was länger. Inzwischen sind mir die Schwestern  irgendwie ans Herz gewachsen. Sie haben sich beim letzten Frühstück noch deutlich für meinen Besuch, meine Ruhe und Unaufdringlichkeit bedankt, wobei ich dagegen gehalten habe, dass mein Beitrag zur Gemeinde meiner Meinung nach begrenzt war. Aber vielleicht ist zwischen den Zeilen mehr passiert, als ich jetzt beurteilen kann. Mit den Schwestern verbindet mich z.B. der „Cardenal“  ein roter Singvogel, der jeden Morgen an unseren Frühstückstisch kam. Ich hab ihn fotografiert und schwups war er das Profil-Bild auf dem Handy der Schwestern. Und sie haben herzlich mitgeschwungen, als ich von meinen Hund erzählt habe, der mich in der Wüstenwanderung so treu  begleitet hat!  Es sind Beziehungen entstanden und ich habe gelernt, wie manche Peruaner ticken und dass längst nicht alles persönlich gemeint ist. Und dass ich mir eine Aufgabe schaffen und eine Struktur geben kann. Atico mit seinem Menschen, Tieren(!) und seiner Landschaft hat sich in mir eingebrannt! Muchas gracias

Und weil Daniela, eine Helferin,  Sonntag  Geburtstag hat, gibt es heute Abend unerwartet und spontan noch ein gemeinsames Abendessen mit den Verantwortlichen. Wieder eine peruanische Überraschung.

Das war Atico

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Kommentare

Dirk Kampling
Vor einem Jahr

Für den außenstehenden Kampling hört und liest sich das alles gut. Danke!!!!

Dirk Kampling
Vor einem Jahr

Ich musste daran denken, was mir mein Bruder erzählte, als er bei der Geburt seines Sohnes monatelang in der Dominikanische Republik war. Die dortige Familie sagte ihn, dass sie nicht frühstücken. Als er sich aber jeden Tag was zum Frühstück holte, frühstückte die Familie gerne mit. So ist das.
Anderseits glaube ich Dich so gut zu kennen, dass ich mir gut vorstellen kann, dass Du die Struktur und Aufgabe brauchst. Was soll man dazu sagen? Meditiere doch einfach. Du bist da. Du nimmst wahr und lässt Deine Follover daran teilhaben, die zu so einer unmittelbaren Erfahrung überhaupt keine Chance haben. Das genügt! Es bleibt für mich, aus der Entfernung, total spannend. Danke, dass ich dabei sein darf, auch an Deiner inneren Unsicherheit und Deinem Suchen.

Martin
Vor einem Jahr

Lieber Hartwig,
"du läufst so nebenher", kein Wunder.Keiner weiß was du für einen Auftrag hast. Urlaub, eigenständig Land erkunden, Norbert unterstützen,..?
Mach doch selber einen Auftrag, zum Beispiel du müsstest immer dies oder jenes machen, Gitarre spielen, neue Lieder einüben, den Gottesdienst vorbereiten, Fürbitten erarbeiten,... Wo ist eigentlich Norbert und was er sich denn für einen Auftrag gegeben?
Allein schon wegen dem scheiß Wetter hier, könnte ich mit dir tauschen. Kälte, Regen, Sturm, ohne ein Ende in Sicht. Ich bin gerade wieder mit meinem Bein beschäftigt, nachdem vor 6 Wochen die Pallte mit den 8 Schrauben rausbekommen ist und mir jeder was andere erzählt, Einlagen, nur rechts, gar keine. Jeder Millimeter Änderung in den Beinen hat Auswirkungen auf alles andere. Aber meine Krankengymnastin macht mir Hoffnung.
Viele liebe Grüße Martin

Hans und Doro
Vor einem Jahr

Lieber Hartwig, was Du zuletzt zu Deiner Situation geschrieben hast, berührt mich. Ich stelle es mir nicht so einfach vor, besonders, wenn man eher schüchtern ist. Und das wäre ich in dieser Situation bestimmt. Ich glaube, ich würde mich einsam fühlen, so ohne klare Struktur für den Tag.
Hast Du denn in Deinem Zimmer eine Kochgelegenheit? Wenn nicht, verstehe ich die Nonnen nicht... Lassen sie Dich verhungern? (:-)
Ich wünsche Dir in dieser kniffligen Situation ganz viel Gelassenheit, Neugier auf alles, was anders ist, denn es könnte ja interessant sein und ganz viel Abenteuerlust.
Alles Liebe aus dem Sauerland!

April 24 -  

2.Woche 08.04.  Von Nasca nach Atico 

Ich will das Scrollen mal ändern, und die aktuellen Infos nach oben setzen.

Achtung Dirk, hier ändere ich meine Methode!

Außerdem hab ich den Dreh raus, Videos einzustellen. Dafür meinem Sohn Menas aus Hannover fachlichen Dank!  Nachträglich habe ich am 17.3. Und in der Woche vom 24.3. je ein Video mit Gesang eingestellt. Es lohnt sich.

Nachdem die letzten Übernachtungsgäste in Nasca Sonntag abgereist sind, kommt Montag das Aufräumen des Hauses dran.mit Jesús und Kenji, dem Architekten,  

der zufällig wieder auftauchte und noch 2 Nächte im Haus blieb. Ich zeige ihn hier im Bild, weil er eine interessante Persönlichkeit ist. Gebürtig aus dem “Selva”, dem Regenwald östlich von Puno, hat er in Lima studiert und steht zu Peru, sucht also nicht im Ausland sein Geld zu machen wie viele ausgebildete Peruaner. Er ist ein Schnelldenker und Schnellsprecher, aber auch sprachbegabt. War in der Lage, deutsches “Ü” und “Ö” auszusprechen und konnte meinen Namen recht gut sagen. Im Gespräch mit ihm kam auch erstmals die Frage seitens eines Peruaners auf mich zu, was ich denn hier gelernt habe und was ich hier eigentlich erreichen oder erleben wolle. Ehrlich kann ich sagen, was ich oben formuliert habe: ein Land von innen kennenlernen, etwas Abenteuer suchen, und meine Zeit und Arbeitskraft anbieten. Ohne zu vergessen, dass Brücken bauen auch Friedensarbeit ist. Nicht bösartig, aber interessiert kam seine Frage. Außerdem wußte er mir aktuelle oder klassische Rockgruppen aus Peru zu nennen. “RIO” scheint dazuzugehören, wenn sie auch aus den 90 ern stammt. Oder der gesellschaftskritische Titel “Triciclo Peru” von den los Mojarras. Ein Song, der von den Menschen handelt, die aus den Bergregionen in die Stadt ziehen und mit einem “Triciclo”, einem Dreirad,  versuchen, Geschäfte zu machen und Geld zu verdienen. (s.Spotify) Dann haben wir gemeinsam Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer gehört.


Habe den Resttag aber auch genutzt für mich - war beim Frisör und bin in  Nasca herumgestromert. Habe Zeit genommen, um das Museum der Nascakultur (900 v.Chr. - 700 n.Chr.) zu besichtigen. Schöne Kunstwerke. Eine spannende Kultur: es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Menschen der Nascakultur Kriege geführt haben. Sie hatten offensichtlich ein Sozialsystem, das solche Auseinandersetzungen und Verteidigungen unnötig machten. Wo bin ich hier hingeraten? Allerdings haben sie der Aggression der nachfolgenden Inkas auch nichts entgegenzusetzen gehabt… Ich muss ein paar der Kunstwerke hier zeigen, weil sie von solcher Wärme, Kunstfertigkeit und Menschenliebe zeugen.

Und die grandiosen Nascalinien nicht zu vergessen, mit denen sie scheinbar Jahreszeiten, Gestirne und Pflanzzeiten, Wetter o.ä. bemessen haben. Oder den Göttern etwas sagen wollten. Jedenfalls mathematische Kunstwerke. Hier der Kolibri.(auf einer Fläche von sicher 1-2 qkm!)


Dienstag, 9.4.                   Ankunft in Atico

Ich habe die Feuertaufe bestanden und bin mit dem Collectivo-Auto nach Chala und weiter im nächsten Auto nach Atico gefahren. An den entsprechenden Treffpunkten rufen die Fahrer laut herum, wohin sie fahren. Sobald sie 4 oder bei Kleinbussen 9 Mitfahrer gefunden haben, fahren sie los. Ich habe den PKW gewählt, weil er nicht so lange Wartezeiten hat und habe auf der Rückbank in der Mitte  zwischen zwei Peruanern gesessen - 2,5 Stunden. Man kann aber auch den Beifahrersitz für 5 Soles mehr buchen, muss ihn aber sofort besetzen, sonst kommt der Nächste und er ist weg. So bin ich für 15 Euro umgerechnet 400 km gefahren in 4  Std..Zur Feuertaufe: war halb so wild.

In Atico bieten mir die mexikanischen Schwestern im ehemaligen Pfarrhaus ein Zimmer an, mit Dusche nebenan. Ich hoffe, sie funktioniert. Sie laden mich zum Mittag ein, sind sehr fröhlich, lachen viel, aber zeigen sich etwas reserviert dem Eindringling gegenüber. Aber ich lerne ja gerade: in Peru muss man für sich selber sorgen. Der Staat tut es nicht. Also gehe ich abends in die Stadt und esse an einem der Imbißstände einen Nudelteller. Die Imbißleute verstehen nicht, dass ich kein Fleisch dazu will. Überall gibt es Pommes mit Pollo, Hühnchen. Ich war froh, dass es hier mal einfache, gut gewürzte Nudeln gab. Und während ich zuletzt noch diese Esskultur auf der Straße kritisiert habe, sitze ich nun selber auf der Straße und esse meine Nudeln neben einer Familie und einem Hund, der herumstreunt und etwas von mir erhofft mit treuem Hundeblick. Ich werde bescheidener in meiner Beurteilung eines fremden Landes und seiner Menschen.

Bei den Schwestern zurück melde ich ich  uneingeladen für einen Frühstückskaffee am nächsten Morgen an…inzwischen hole ich morgens für uns alle die Brötchen und verwöhne die Schwestern zwischendurch mit Süßigkeiten…

Mein erster Besuch am Nachmittag gilt jedoch Amelia, der Leiterin des Caritashelferkreises von Atico. Sie leitet ein familiär geführtes Hotel, nachdem sie und ihr Mann Claudio jahrzehntelang in einer Fischbabrik vor Ort gearbeitet haben. Nachdem das Eis gegenüber dem fremden Gringo, den sie bisher nur an der Seite von Padre Norbert gesehen haben, gebrochen ist, trinken wir einen Kaffee und ich höre viele Geschichten über ihre bevorstehende Rente, über die Gemeinde und die fehlenden Priester.(Vieles verstehe ich auch nicht.) Auf meine Frage, ob sie denn wirklich fehlen diese Priester - denn ich höre, dass die mexikanischen Schwestern priesterlose Gottesdienste feiern und regelmäßig für die Gottesdienste sorgen  -, kommen wir ins Gespräch über die Rolle der Priester, die Erwartungen der Menschen an sie und ich stelle fest, dass hier noch viel mehr Respekt und Erwartung an die Priester vorherrschen. Ein vielleicht unkritisches Priesterbild, das auf den Priester eine starke Autoritäts- und Vaterrolle  projiziert und die Eigenverantwortung der Christen in den Hintergrund stellt. Andererseits sehe ich, das der Priester als Berater und kostenloser Therapeut nicht mehr greifbar ist, sofern er das je war. Das waren vermutlich  eh die herausragenden Ausnahmen. Amelia nennt mir die Termine, die in dieser Woche anstehen und an denen ich teilnehmen kann. Außerdem verfolgt sie meine Anfrage nach einem Peruaner, der mich in meinem Spanisch korrigieren und weiterbringen kann. Er braucht keine Deutschkenntnisse mitzubringen. Ich zahle ihn auch. Ihr fällt ein  Lehrer ein, der eine sehr korrekte Art habe. Mal sehn. Wir tauschen unsere Telefonnummern aus. Danke. 

Atico ist ein kleines Städtchen direkt an der Panamericana und am Pazifik, allerdings nur mit einem felsigen Strand. Die PANAMERICANA sorgt aber für eine reiches Geschäftsleben am Straßenrand und für einige Hotels. Man kann hier in kleinsten Tiendas alles kriegen vom Tresastreifen bis zur  Kleidung und zum Kinderspielzeug und natürlich Lebensmittel.

Freitag, 12.04.24

Die Caritashelfer*innen laden mich ein, sie bei den Altenbesuchen zu begleiten, die sie jeden Freitag morgen durchführen. Ich lade euch ein, mit mir in vier Wohnungen zu gehen und vier Senioren zu besuchen, die scheinbar in einer anderen Welt leben.

Wie ich höre, waren fast alle früher höchst aktiv in der Gemeinde. Jetzt machen die Knie nicht mehr mit., Das jahrzehntelange bergauf und bergab hat die Gelenke geschafft. Sie kommen allein nicht mehr vor die Tür. Diese Señora, Salamira mit Namen, schaut etwas genervt, drückt mich aber ganz intensiv und raunt der Helferin verschmitzt zu: “das ist aber ein Sympathischer.” Ich gehe sie in der Woche drauf noch einmal besuchen. Sie hat 2 Töchter in Atico, die sich um sie sorgen, und drei Söhne in Lima, Chile und den USA. So ist das in Peru. Die Familie wird aus dem Ausland versorgt.

Diese Dame ist über 100 Jahre alt, läuft gekrümmt und hört nur schlecht. In ihrem Zimmer - wir würden es einen Stall mit Lehmboden nennen - nimmt sie gerade ein Huhn auseinander, um es nachher zu kochen. Alle gehen unheimlich liebevoll mit ihr um. Sie lebt mit ihrem Enkel zusammen, der jetzt in der Stadt zur Arbeit ist.

Dieser Herr lebt in einer Hütte, die nur über einen steilen Zugang zu erreichen ist. Wie soll er sie jemals verlassen können? Außerdem fasziniert mich die Tapete. Sie muss vom Ersteinzug stammen und war sicher einmal sehr dekorativ.

In diesem “Verschlag” ist wirklich ein Mensch zu sehen. Sie wird mir beschrieben als ehemals äußerst aktive Mitarbeiterin der Gemeinde bis ihre Knie versagten. Sie lebt mit einem (ihrem?) Mann dort . Das Bett ist integriert in den Fels. Die Wände sind aus dicken Plastikplanen - wie häufig in Peru. Zum Haus gehören Bananenbäume, sodaß wir nachher alle einen Beutel  “plátanos” mitbekommen.

Es gibt aber auch andere Wohnungen und andere Senioren. Wie hier diese gepflegte Frau in einer gepflegten Wohnung, was sicher mit anderen finanziellen Verhältnissen zu tun hat.

Und hier die Crew, die jeden Freitag morgen 2,5 Stunden opfert für diese Besuche.  (Mich ausgenommen): Claudio, Alicia und Miluska.


Diegleichen Helfer*innen sind jeden Freitag Nachmittag von 15-18 Uhr parat, um ca 20-30 Senior*innen einen fröhlichen Nachmittag zu bieten mit Musik, Unterhaltung, Tanz, Bingo , einem süßen Imbiß - und am Anfang einem halbstündigen Gebet. Da machen alle mit. Eine Selbstverständlichkeit. Die Hälfte der  “adultos mayores” wie sie freundlich genannt werden ,”ältere Erwachsene” lebt allein, ohne Partner und ohne Kinder vor Ort. Ich muss ein Video einblenden, weil sie allesamt noch enorm beweglich sind und sich nach Motivation und Tricks auf der Tanzfläche wiederfinden. Mehrmals “fordert mich eine Dame auf” und tanzt mit mir, ohne jemals in Blickkontakt mit mir zu gehen… Die Musik stammt ausschließlich aus dem Raum Atico, was die Ursprünglichkeit und Quechua-Ähnlichkeit belegt. Die Leute singen teilweise eigenständig mit. Claudio, der “motivierende Antreiber” fordert mich auf, mit der Gitarre was zu singen. Überrumpelt fällt mir nichts ein und singe deutsche “Volkslieder”: Hannes Wader und Die Gedanken sind frei… Ich tröste mich damit, dass niemand deutsch versteht.

Später erklärt mir Claudio, wie sehr die “Alten” motiviert werden müssen. Die eigenen Kinder haben nur die ausreichende Essensversorgung im Blick. Es gibt offensichtlich kein Klima, das die Selbständigkeit im Alter und die Eigenverantwortung für wichtig hält. Die Aktivierung durch solche Veranstaltungen halten die meisten für überflüssig. Dass einige von ihnen den Eindruck machen, seelisch  depressiv zu sein, bestätigt mir Claudio. Die Altenarbeit der Caritas ist von daher ein enorm wichtiger Beitrag, etwas Lebensqualität für die ältere Generation zu erhalten. Und die Helfergruppe, die ich hier kennenlerne, investiert viel Zeit und Energie dafür. 

Claudio fragt mich später, wie ich meinen “Dienst” hier erlebe und bestätigt die Sicht von Norbert: gerade die “Adultos mayores” sehen in meinem Besuch eine Wertschätzung und erleben in meiner Präsenz die Präsenz von Padre Norberto, den sie ja kaum zu Gesicht bekommen. Das macht die Offenheit und Kontaktfreudigkeit der Alten beim letzten Treffen für mich verständlicher.

Zum Kommentar: ich beantworte die Kommentare meist per WhatsApp, auf jeden Fall persönlich und nicht hier im Blog. Außerdem hab ich jetzt die Kommentare unter die jeweilige Woche gepackt, sodaß es übersichtlich bleibt. Was die Bravour angeht, bin ich nicht so überheblich. Hab eine Tablette eingenommen, damit ich nicht nach 2 Stunden plötzlich meine, aus dem Auto springen zu müssen….Aber ich bin angekommen und hab bei der Folgetour dafür gesorgt, dass ich einen besseren Platz bekomme. Mann lernt in Peru!

April 1. Woche

01.04. - 07.04.24

Die ersten 4 Wochen sind vorbei.

Die Faszination des Fremden und Exotischen vielleicht auch. Manchmal denke ich, ich sei angekommen. Ich weiß, wo ich Batterien, Bier, Brötchen oder Schuhe einkaufen kann. In der Apotheke habe ich auch schon Medikamente bekommen. Der Frisör fehlt noch. Wenn das hier Urlaub wäre, würde ich jetzt nach Hause fahren.

Zeit für Reflexion und Fragen.

Reflexion nach vier Wochen

Warum bin ich eigentlich hier und haben sich meine Erwartungen bisher erfüllt?

Diese Frage habe ich verschiedentlich gehört.

1.Es gab eine alte Sehnsucht aus dem Studium mit chilenischen Kommilitonen in Münster. Ihre Spritzigkeit und ihr Umgang mit Körperlichkeit und Nähe war damals faszinierend. Außerdem gab es mit 24 Jahren schon den Versuch, eine Auszeit in Ecuador zu nehmen, was sich aber zerschlagen hat. Beides wäre heute kein Grund für eine solche Reise. Aber offensichtlich ist die Neugier von damals geblieben.

2.Es gab die Gelegenheit durch Norbert, meiner Rentenzeit mit diesem Abenteuer noch einmal Schwung zu geben und ein fremdes Land und eine mir fremde Kultur hautnah kennenzulernen. Mit dieser Einladung von Norbert  bin ich zwei  Jahre schwanger gegangen.

3.Meine Lebenseinstellung und mein Helfersyndrom haben mich motiviert, meine Zeit und meine noch vorhandene Kreativität Menschen zur Verfügung zu stellen, die in irgendeiner Weise davon profitieren können

Ob ich hier wirklich helfen kann, fragen sich einige und ich mich auch. 

Es dürfte rübergekommen sein, dass Norbert und ich nicht zum Missionieren hier sind. Wenn Norbert mit seiner Art als Padre präsent ist, dann nur, um eine menschlichere Kirche oder überhaupt Menschlichkeit in dieser Umgebung zu vermitteln. Und meine Hilfe? Ich spüre eine freundliche Aufnahme bei den Peruaner*innen , Respekt und Interesse. Natürlich kann ich mit meinen geringen Sprachkenntnissen keine intensive Auseinandersetzung führen. Und wenn ich bei einem der Verpflegungsprojekte mithelfe, Kartoffeln zu schälen, ist das keine Lösung der Probleme. Norbert versichert mir jedoch, dass es für die Menschen hier eine große Wertschätzung bedeutet, wenn sich ein Europäer die Zeit nimmt, mit ihnen zu leben. Das kann ich insofern bestätigen, dass es viele Momente gab, in denen ich mit den Menschen hier Freude und Lebendigkeit geteilt habe.

Auch wenn es mir nicht um kirchliche Arbeit geht in diesen Monaten, genieße ich doch, dass ich durch die kirchlichen Kontakte Zugang zu Menschen vor Ort bekomme abseits von touristischem Interesse. Die Einladungen in Häuser, Hütten und Ställe, in denen ich mit Peruaner*innen essen durfte, erlebe ich als vertrauensvolles Geschenk .

In diesem Sinne bleibe ich noch etwas hier. Auch wenn der Preis der “Trennung” von meinen Lieben zeitweise schwer ist und wenn ich auch an emotionale oder körperliche Grenzen stoße. Ich bin euch dankbar, dass ihr mit Interesse meine Zeit hier verfolgt und ich spüren darf, dass ich nicht allein bin und dass meine Beziehungen und Freundschaften bestehen bleiben.

Was kommt noch?

In dieser ersten Aprilwoche bin ich froh, mich in Nasca erholen zu können. Der Stützpunkt Nasca ist dafür geeignet und vorgesehen. Außerdem holt sich der Körper gerade nach den 2 Reisewochen die Ruhe, die er braucht durch eine Sinusitits, die mich etwas lahm legt. Übrigens bekomme ich aus der Apotheke nach Darstellung meiner Beschwerden 3 Antibiotika (1 p.Tag) ausgehändigt. In einer kleinen Plastiktüte sind 3 verpackte Tabletten ohne Anleitung, Beipackzettel o.ä.. Die erste Tablette haut mich am Abend um, aber am nächsten Tag geht es wesentlich besser.…

Außerdem ist diese Woche im Haus geprägt von Norberts 60.Geburtstag, den er am Freitag feiert und zu dem gefühlt halb Peru eingeladen ist. Na ja , vermutlich 50-60 Personen, man weiß in Peru nie, wer wirklich kommt. Ich freue mich, bei den Vorbereitungen behilflich zu sein und auch auf ein paar deutsche Besucher*innen, die kommen werden.

Danach beginnt meine Feuertaufe. Ich werde 2 Wochen allein in die Gemeinde von Atico fahren und dort ohne Norbert und doppelten Boden mit den Caritashelfern leben und arbeiten. Spanisch sprechen pur. Ich hoffe, dort auch weiteren Spanischunterricht nehmen zu können.

Anschließend sind 2 Wochen bei Padre Lino in Chala geplant.

Beide Orte habe ich in den letzten 2 Wochen bereits besucht. 

Der Blick von der Dachterrasse auf die schroffen Wüstenberge Nascas. Mich sprechen diese Berge stark an. Sie haben Gesichter, auch wenn sie ohne Grün und ohne Bäume sind.

Hier sind das ganze Jahr hindurch 25-30 Grad. Nasca liegt an 2 kleinen Flüssen, dem Rio Aja und dem Rio Blanca. Regen gibt es hier nicht. Wasser kommt aus den Bergen, wenn dort Regenzeit ist, und sorgt für etwas Grün am Ufer.


Der 60.Geburtstag wirft seine Schatten voraus. Seit Dienstag wird hier von eifrigen Frauen (alle aus Norberts Zeit im Gefängnis in Lima befreundet) und uns Männern aus dem Haus mitgeholfen. Frischer Maracujasaft aus einem Sack voller Früchte, Choclo (weißer Mais), bayr.Kartoffelsalat ohne Speck für Vegetarier (von mir), Nudelsalate, Rettichsalat,  veget.Spieße, Hähnchenspieße, Schweinebraten, Checken Wings, Griespostres, und nicht zuletzt ein paar Kästen Bier, die im Getränke-VW geliefert wurden…

Hier die Helfer*innen, die bereits zwei Tage vorher gekocht und gewirbelt haben.

Hier die Helfer*innen, die schon zwei Tage zuvor vorbereitet, gekocht und gewirbelt haben.

Am Abend zuvor und in der Nacht kamen die ersten Gäste an. Peru heißt immer: lange Reisezeiten. 3 - 4, auch 6-8  Stunden waren einige unterwegs (nur der Hinweg gerechnet) und fuhren am gleichen Tag noch zurück. Die Leute aus Lima (6-8Std) blieben jedoch länger.

Der Frühstückstisch war schon voll. Es war eine interessante Vorstellungsrunde und ein herzlicher Glückwunsch von vielen Seiten mit innigem Dank und Anerkennung für Norberts Herzlichkeit und Freundlichkeit. Man merkte, das einige ihm offensichtlich viel verdanktem. Es gab Geburtstagslieder gesungen auf französisch, español, deutsch…

Ich will euch nicht mit Einzelheiten eines 60.Geburtstages nerven. Es war ein Fest mit vielen Gästen aus ganz Peru. Für mich war es spannend, mit Leuten aus Trujillo oder Lima, - dem Norden -  oder Arequipa, Puno -  dem Süden - reden zu können. Tja, reden können - in Einzelgesprächen war das möglich mit viel Rücksicht und Respekt der Zuhörer. Aber auch mit ein bisschen Lob, dass mein Spanisch nach 5 Wochen schon soweit wäre. (Wichtiger war mir jedoch die Erfahrung derer, die mich beruhigen konnten, dass selbst in einem Jahr kein fließendes Gespräch möglich sei.) Trotzdem gab es freundliche Einladungen nach Lima und herzliche Gespräche. Ich konnte die Leute aus Chala und Atico sprechen, zu denen ich nächste Woche auf dem Weg bin. Man merkte schnell über die Sprachfehler hinweg, ob ein Draht oder eine Sympathie da war. Ich habe mich nicht gelangweilt.

Benjamin, das Geburtstagsgeschenk für Norbert, muss sich jetzt mit den Katzen anfreunden, was bisher nicht so gelingen will. Und ich muss plötzlich bei der Hundeerziehung mithelfen.

Das waren zwar nicht alle, aber die eiserne Crew, die zur Nacht noch auf der Dachterrasse getanzt hat.